06.06.2024
Herausforderungen und Perspektiven der Verkehrswende
Der öffentliche Personenverkehr befindet sich in einer Zeit des Umbruchs. Durch das Deutschland-Ticket sollen Fahrgäste zum Umstieg auf Busse und Bahnen bewegt und somit zum Klimaschutz beigetragen werden, doch zugleich leidet die Branche, wie andere auch, unter Personalmangel und Energiekosten. Sie muss ihre Infrastruktur modernisieren – in letzter Zeit auch verstärkt elektrifizieren – während die Politik über eine nachhaltige Finanzierung noch streitet, denn der öffentliche Personenverkehr bedarf massiver staatlicher Zuschüsse.
Ingo Wortmann, Präsident des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), früher bei der SWU Verkehr und nun bei der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) in leitender Funktion, präsentierte diese Herausforderungen bei seinem Vortrag mit anschließender Diskussion am 6.6.24 im ROXY Ulm anschaulich. Das interessierte Publikum stellte zahlreiche Fragen.
Die fortschreitende Digitalisierung wird für die Fahrgäste natürlich bei Echtzeit-Abfahrtsinformationen, Fahrplan-Apps und elektronischen Tickets am deutlichsten, aber hinter den Kulissen müssen z.B. auch Bahn-Stellwerke modernisiert werden und autonome, also selbstfahrende Busse und Bahnen befinden sich zumindest in Erprobung. Der Weg zu ihrer weiten Verbreitung ist aber noch lang und ein gewisser Pool an Fahrpersonal müsste für den Fall von Störungen dennoch in der Nähe vorgehalten werden.
Das Konzept von Oberleitungsbussen findet Wortmann weiterhin interessant, denn in Kombination mit Batterietechnik werden auch Unterbrechungen der Oberleitung bzw. ein Verlassen der Trasse möglich. Es hat sich im Bereich der Elektrobusse ohnehin herausgestellt, dass es die Haltbarkeit von Fahrzeug-Akkus fördert, wenn diese zwischendrin immer wieder nachgeladen werden, anstatt sie leer zu fahren. Bei allen technischen Möglichkeiten erkannte Wortmann aber auch Nachteile dadurch, dass sich die jeweiligen lokalen Fahrzeug-Plattformen oft stark voneinander unterscheiden.
Kreative Lösungen braucht es nicht nur bei Digitalisierung und Elektrifizierung, sondern auch bei der Personalgewinnung, denn über 20% des Fahrpersonals geht bis 2030 altersbedingt in Ruhestand, weitere gut 20% sieht man als Mehrbedarf durch die „Verkehrswende“ und über 40% der Verkehrsunternehmen mussten ihren Betrieb bereits 2023 aufgrund von Personalknappheit einschränken. Es werden bereits Fahrer im Ausland angeworben, ihnen mitunter auch Wohnungen vermittelt, doch auch um die bisher mit knapp 20% in diesem Beruf stark unterrepräsentierten Frauen wird stärker geworben.
Weitere Innovationen beinhalten zum Erreichen weniger nachgefragter Orte „on demand“-Verkehre, also Busse und Taxen auf Anforderung, teilweise auch selbstfahrend. Wichtig für die Akzeptanz ist der zeitlich und von der Infrastruktur her abgestimmte Umstieg der Fahrgäste von Bahnen auf Busse, sowie auch auf Fahrräder und Elektroroller. Der Blick ins In- und Ausland zeigt aber auch, dass der öffentliche Personenverkehr ins Stadtbild passen sollte und so rücken auch Design- und Gestaltungsfragen bei Fahrzeugen und Trassen immer stärker ins Blickfeld der Planer.
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